Jemanden lieben heißt, ihn so sehen,
wie Gott ihn meint. Fjodor Dostojewski
Gottes Spuren in unserer Liebe
Es gibt viele gute Gründe zu heiraten. Natürlich: Der wichtigste und meist genannte ist Liebe, der Wunsch, sich mit dem öffentlichen Ja im Standesamt zu versichern: „Ja, ich möchte mein Leben mit dir teilen und mit dir alt werden." Diese wechselseitige Zusage schenkt Paaren Gelassenheit und Kraft, auch Tiefen ihrer Partnerschaft besser auszuhalten und zu meistern. Zugleich demonstriert ihr Jawort vor aller Welt: Wir haben uns füreinander entschieden, wir gehören zusammen. Anderen geht es vor allem darum, ihren Kindern einen verlässlichen Schutzraum zu schaffen, in dem sie in Geborgenheit und Vertrauen aufwachsen können. Dass eine Ehe auch gewisse finanzielle Vorteile bietet, nehmen sie gerne als Zusatznutzen mit.
Viele dieser Wünsche und Erwartungen erfüllt die standesamtliche Hochzeit. Ein paar wichtige Fragen, die Brautleute bewegen, lässt sie jedoch unbeantwortet. Sie stellen sich umso dringlicher, als junge Frauen und Männer heute, oft sogar in ihrem engsten Umfeld, tagtäglich erfahren: Eine „gute Ehe" lässt sich nicht einklagen. Es gibt manche Gründe dafür, dass so viele Paare ihr freiwillig und hoffnungsvoll gegebenes Versprechen „bis dass der Tod uns scheidet" nicht durchhalten. Kein Wunder also, dass junge Frauen und Männer sich fragen: Kann ich das überhaupt versprechen, ein Leben lang zu lieben und treu zu bleiben? Auch wenn mein Mann, meine Frau und ich selbst in 20, 30, 40 Jahren vielleicht ganz andere sind als heute? Ist das nicht zu viel, was wir da voneinander erwarten?
Weil Paare das spüren, drängt es sie, ihre Verbindung unter den Segen Gottes zu stellen. Menschen sehnen sich danach, mit allen Unzulänglichkeiten, Ecken und Kanten vorbehaltlos angenommen und geliebt zu werden. Im gegenseitigen Ja versprechen und erhoffen Paare sich das füreinander - und berühren dabei eine religiöse Dimension, der die kirchliche Trauung eine Deutung und eine Form gibt: In dem Geschenk der Liebe zueinander zeigt sich Gottes Liebe, die uns bedingungslos geschenkt ist.
Dies entfaltend, lädt sie Paare ein, ihr „Projekt Ehe" auf eine spirituelle Grundlage zu stellen:
- Sie sagt ihnen zu: Wenn sie sich als Paar „in Gottes Gegenwart" stellen, wird er sich im Alltag als verlässlicher Grund und schöpferische Quelle ihrer Liebe erweisen.
- Sie hilft, sich Beziehungsrisiken im Vertrauen auf Gott zu stellen.
- Sie betont ihre Verbundenheit mit Freunden und Verwandten in der christlichen Glaubensgemeinschaft, die das Restrisiko jeder menschlichen Beziehung mit ihnen zu tragen verspricht.
Die Trauung am Altar hat also gegenüber der im Standesamt einen eigenständigen, religiösen Sinn. Die Kirche spricht von der Ehe als Sakrament, das sich die Eheleute gegenseitig spenden. Sie sieht darin nicht nur einen moralischen Anspruch, der sich in den Forderungen nach Unauflöslichkeit, Treue und dem Ja zu Kindern ausdrückt, sondern vor allem ein heilsames Zeichen Gottes: In der Liebe der Ehepartner wird seine Liebe zu den Menschen greifbar und anschaulich. Auf seine Zusage, an allen Tagen des Lebens bei ihnen zu sein, dürfen sie sich verlassen. Im Vertrauen darauf können sie das große Abenteuer „Ehe" wagen: sich einander ausschließlich und „bis dass der Tod sie scheidet" ihre Liebe zu versprechen.